Journal

Das Journal auf portikus.de dient als Erweiterung der Ausstellungen im Portikus. Verschiedene Beiträge wie Essays, Interviews, Erzählungen oder Foto- und Videobeiträge vermitteln einen genaueren Blick auf die Interessen der ausstellenden Künstler und reflektieren Themen, die unsere Gesellschaft, Politik und Kultur betreffen.

Fermentierte Gegenwart

Franciska Nowel Camino
2023-02-24

Logbuch Diversion

Liberty Adrien, Carina Bukuts, Rand Elarabi, Nils Fock, Maria Guhr, Rabika Hussain, Mary Bom Kahama, Blaykyi Kenyah, Hanna Launikovich, Nelli Lorenson, Hemansingh Lutchmun, francisco m.v., Hilda Stammarnas, Elsa Stanyer, Amina Szecsödy, Yuxiu Xiong
2022-06-23

In the Mood for Bengawan Solo

Paula Kommoss, Arin Rungjang
2018-09-17

Im Verborgenen

Carina Bukuts
2017-12-21

Textil als Medium der zeitgenössischen Kunst

Olga Inozemtceva
2017-05-18

Zwischen Stillstand und Bewegung

Malina Lauterbach, Maximilian Wahlich
2017-01-29

Der Körper, der Sockel

Marina Rüdiger
2016-05-31

H[gun shot]ow c[gun shot]an I f[gun shot]orget?

Lawrence Abu Hamdan
2016-04-19

Mutanten Machen Bücher

Manuel Cirauqui, María Mur Deán
2022-10-20

Online-Gespräch

Angela Lühning, Carl Haarnack, Oliver Hardt & Willem de Rooij
2021-05-20

L'Esprit—Absolventenausstellung 2020

Louisa Behr und Johanna Weiß
2020-09-18

Zahl & Kopf

Levi Easterbrooks, Janique Préjet Vigier
2018-02-06

Portikus XXX Summer Screening Program

Levi Easterbrooks
2017-09-25

WE THE PEOPLE – Die Bewahrung der Freiheit

Cosima Anna Grosser
2017-04-25

Seit Ende des 19. Jahrhunderts wacht die Statue of Liberty vor der Küste New Yorks über die Freiheit und deren Einhaltung im Land. Verschifft wurde die kolossale Statue in Einzelteilen von Europa aus nach Amerika. Sowohl die Freiheitsstatue als auch die geschriebene Verfassung aus dem 18. Jahrhundert, die die Lady of Liberty, wie sie umgangssprachlich genannt wird, in den Händen hält, verkörpern und symbolisieren einen westlichen Freiheitsgedanken, der bis heute Gültigkeit besitzt. Dieser beinhaltet unter anderem die Freiheit eines Einzelnen die eigene Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern, rechtlich gesichert in einer Verfassung. In Deutschland ist zum Beispiel die Freiheit auf Meinungsäußerung im Artikel 5 des Grundgesetzes verankert. Heutzutage ist dies mehr denn je ein essentielles und zu schützendes Recht, das jedoch immer wieder an seine Grenzen gerät.

Danh Vo, WE THE PEOPLE, 2011, Kupfer, 223 × 155 × 107 cm, Kadist Sammlung, Foto: Helena Schlichting



Ein wichtiges Merkmal einer demokratischen Gesellschaft ist eine friedliche Auseinandersetzung und ein Dialog zwischen konträren Meinungen. In den letzten Jahren zeigen sich jedoch politische Tendenzen, die eine freie Meinungsäußerung deutlich einschränken. Dies findet in europäischen Demokratien statt, aber auch weltweit erstarken politische Stimmen, die gegen tolerante Gesellschaften laut werden. So zeigt sich beispielsweise in der Türkei eine deutliche Einschränkung der Pressefreiheit. Regierungskritische türkische Journalisten werden in Haft genommen, eine freie Meinungsäußerung scheint nicht mehr möglich zu sein. Ein offen geführter und kritischer Dialog und Toleranz gegenüber konträren Meinungen ist für ein gemeinsames Zusammenleben jedoch essentiell. Dieser Dialog kann über die Medien oder mit den Mitteln der Kunst angestoßen und geführt werden. So zeigt beispielsweise Danh Vo, der im Alter von vier Jahren mit seiner Familie aus Vietnam nach Dänemark floh, mit seinem Werk WE THE PEOPLE Teile der amerikanischen Statue of Liberty. Danh Vo rekonstruiert mit seiner Arbeit einzelne Elemente der damaligen in Einzelteilen verschifften Statue nach und zeigt diese nie als ganzes, sondern fragmentarisch zerlegt. Insgesamt 225 Elemente aus Kupfer ließ der Künstler als exakte Replik der Freiheitsstaue produzieren. Die monumentale Skulptur wird dadurch abstrahiert, das Symbol für welches sie steht wirkt wie zerbrochen. Die Auseinandersetzung Danh Vos mit der Statue of Liberty und deren Bedeutung findet in seinem Werk WE THE PEOPLE auf verschiedenen Ebenen statt. Zum einen greift der Künstler direkt eines der Symbole für Freiheit auf, zum anderen bezieht sich der Titel der Arbeit auf die ersten drei Worte der Präambel der amerikanischen Verfassung aus dem 18. Jahrhundert. Danh Vo reflektiert mit seiner Arbeit WE THE PEOPLE auf simple Weise über das Konzept Freiheit und zeigt mit den nicht zusammengefügten Einzelteilen, wie fragil Freiheit ist und obwohl wir sie als selbstverständlich ansehen, geschützt und bewahrt werden muss.

Danh Vo, WE THE PEOPLE, 2011, Kupfer, 223 × 155 × 107 cm, Kadist Sammlung, Foto: Helena Schlichting



Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit stellen unter anderem die fundamentalen Säulen einer demokratischen Gesellschaft dar. Die amerikanische Philosophin Judith Butler formuliert in ihrem Buch Anmerkungen zu einer performativen Theorie der Versammlung, wie Versammlungsfreiheit ein entscheidendes Merkmal einer Volkssouveränität darstellt.1 Laut der Autorin stellt das Recht sich frei als Gruppe zu versammeln, eine Grundvoraussetzung der Politik dar und darf nicht von Regierungen eingeschränkt werden.2 Die Menschen müssen das Recht haben, sich frei zu versammeln, jederzeit einfordern können. Die Formulierung „We the people“, die sowohl der Titel der Arbeit Danh Vos, als auch die einleitenden Worte der amerikanischen Verfassung wiedergeben, wird immer wieder von sich versammelten Gruppen aufgegriffen. Jedoch kann eine versammelte Gruppe, die behauptet „We the people“ also „das Volk“ zu sein, laut Judith Butler nicht existieren, da diese nur einen bestimmten Ausschnitt eines Volkes nachbilden kann. Ebenso stehen die Teile der Arbeit WE THE PEOPLE von Danh Vo, die nie als Ganzes zusammengefügt werden, sondern nur als Einzelstücke in Ausstellungen präsentiert werden, in ihrer Ausschnitthaftigkeit für ein größeres Ganzes und gleichzeitig für die vielen unterschiedlichen Menschen und Gruppen in unserer Gesellschaft.

1 Butler, Judith: Anmerkungen zu einer performativen Theorie der Versammlung, Suhrkamp Verlag, Berlin 2016, S. 222.
2 Vgl. ebenda, S. 208.

"Oh my god, this is another kind of code language!"

Amy Sillman, Bernard Vienat
2016-08-17

Ein Narrativ für den Körper: Present Sore von Shahryar Nashat

Isla Leaver-Yap, Shahryar Nashat, Fabian Schöneich
2016-04-22