19.06.–01.08.1999

Der in London lebende Mark Wallinger (geboren 1959 in Chigwell) gilt als intellektueller und auch politisch engagierter Künstler. Seine Arbeiten umfassen neben Malerei ebenfalls Fotografie, Video und Installationen. Häufig hat er sich darin mit der Frage nach der Identität seiner Nation in sozial- und kulturgeschichtlicher Hinsicht beschäftigt.

Dieser Aspekt erscheint in stark erweiterter Form in seinem für den Portikus geschaffenen Raumbild. Es spiegelt seine Beeinflussung durch einen Rom-Aufenthalt als Henry Moore-Stipendiat an der dortigen British School im letzten Winter, bei dem er mit antiker Mythologie und englischer Dichtung in Berührung kam.

Wallinger teilt die Ausstellungsfläche des Portikus in der vorderen Hälfte mit einer Wand, so daß zwei ungleich große Räume entstehen. Sobald die Besucher durch den Haupteingang treten, sehen sie sich einer Flügeltür gegenüber. Diese öffnet sich bei ihrem Nähern automatisch, und sie blicken in der Flucht auf den Sitz eines elektrischen Stuhles, der im Zentrum an der Stirnwand angebracht ist. Der Frontalblick der Betrachter mutiert damit zur Aufsicht wie "a kind of God´s eye view", so daß der zweite Raum um 90° geneigt zu sein scheint. Dieses bezeichnet Wallinger als Prometheus, "auf die griechische Mythologie ebenso wie auf Frankenstein anspielend".

Der Eindruck des gedrehten Raumes wird verstärkt durch zwei seitlich hängende, ebenfalls um 90° gekippte quadratische Fotografien, deren Maße die Höhe des Portikus aufnehmen. Auf diesen Fotografien erkennt man jeweils eine Faust, auf deren Fingern einmal das Wort LOVE und auf der anderen das Wort HATE eintätowiert ist.

In diesem Raum erscheint ein weiteres Element, das Wallinger Ariel nennt. Hinter den sich automatisch öffnenden Türen plaziert Wallinger mittig einen Kreis aus einem Metallrohr, der mit einer Apparatur versehen ist: ein Stab mit einem Ende in Form einer Öse, mit der man das Rohr entlangfahren kann. Nur wenn die Öse das Metallrohr nicht berührt, verstummt das ständige Summen dieser Apparatur. Das Zirkelmaß des Kreises entspricht den vitruvschen Proportionen des Künstlers.

Als Synthese dieser Raumelemente dienen ein Video, das im Vorraum über der Tür zum zweiten Raum abgespielt wird und den Gesang des Luftgeistes Ariel aus Shakespeares Der Sturm wiedergibt, sowie die Texte des während der Ausstellung erscheinenden Kataloges, die von Percey Shelley, Dichter des Versdramas Der entfesselte Prometheus und Mary Shelley, der Autorin des berühmten Schauerromans Frankenstein oder Der moderne Prometheus, über Leonardo ("Der Gott der Proportion") bis zu einem Sonnet des Künstlers selbst reichen.