22.08.–04.10.1998

Der Portikus bildet mit dieser Ausstellung den Auftakt zu einer Reihe, die vom Siemens Kulturprogramm unter dem Titel "Damenwahl" initiiert wurde und an verschiedenen Orten in unterschiedlichen Häusern stattfindet. Renommierte und junge Künstlerinnen sind jeweils eingeladen, sich einen Künstlerpartner für die gemeinsame Ausstellung zu wählen. Trotz der gleichen Struktur ist jede Ausstellung für sich autonom und auf den jeweiligen Ort ausgerichtet.

Mit Monika Baer und Paul McCarthy treffen im Portikus zwei Künstlerpersönlichkeiten aufeinander, die sich ihrem Alter und ihrer Herkunft nach sowie in ihrer Themenwahl und in dem Medium, in dem sie arbeiten, grundsätzlich voneinander unterscheiden. Die Düsseldorfer Malerin Monika Baer (*1964) und der kalifornische Performance-, Video- und Objektkünstler Paul McCarthy (*1945) besitzen jedoch in den hier vorgestellten Arbeiten eine formal verwandte Bildsprache, die ihr gegenseitiges Interesse begründet: beide inszenieren bühnengleich eine Handlungssequenz, in der der Mensch als unwirkliches, puppenhaftes Wesen, nämlich als Marionette oder Automat, auftritt.

Monika Baer hat 1996/97 eine Serie von Bildern geschaffen, die ein Konzert des sechsjährigen Mozart am Hof der Kaiserin Maria Theresia als Marionettentheater darstellt. Der Künstlichkeit des Puppenspiels wird durch die Psychologisierung der Figuren und durch den Einsatz von abstrakten Farbflächen entgegengewirkt. Die Malerei entwickelt sich in den kraftvollen und dramatischen Farbspielen der Bilder zunehmend freier und löst sich von der gegenständlichen Darstellung der zierlichen Rokokobühne. In diesen Farbspielen wird nicht allein die von Mozart gespielte Musik gleichsam ablesbar, sondern ebenfalls die Emotionen der Zuhörer.

Erscheint Mozart als Kulturgut der Europäer, so ist der Wilde Westen ein Mythos der Amerikaner. Die positive Wertkonnotation des furchtlosen, pionierhaften Cowboys, dessen Ehrencodex männliches und gerechtes Verhalten verlangt, wird von Paul McCarthy mit dem Mittel der Sexualisierung und der Darstellung von Gewalt ins Gegenteil verkehrt. Seine Installation "Bunkhouse" von 1995/96 zeigt eine Blockhütte auf Schienen, in der sich vier lebensgroße Automatenfiguren befinden. Der gewalttätige gleichgeschlechtliche sexuelle Mißbrauch durch einen hundeköpfigen Cowboy wird hier zum Alptraum bzw. zur nächtlichen Phantasie der anwesenden Personen.

Die Darstellung künstlicher Figuren ist eine Vorgehensweise, die Baer und McCarthy bei aller Unterschiedlichkeit der Ausführung verbindet. Durch ihre Inszenierung wird der Betrachter des Kunstwerks gleichzeitig zum Zuschauer des Marionettentheaters sowie zum Voyeur.

Monika Baer hatte seit ihrer Studienzeit künstliche Bildräume geschaffen, die mit ihrem malerischen Realismus eine eigenartige Verbindung eingehen. In ihren neuesten Arbeiten verläßt sie jedoch den illusionistischen Bildraum.

Paul McCarthy, der seit den späten 60er Jahren durch seine Live- und Videoperformances bekannt wurde, hat seit den 80er Jahren kinetische Figuren geschaffen, deren Mechanik der Darstellung performativen Charakter verleiht. Seine Installation "Bunkhouse" wird zum ersten Mal in Europa präsentiert.

In der Reihe "Damenwahl" folgen nach der Ausstellung im Portikus weitere mit den Künstlerinnen Marlene Dumas, Katharina Fritsch, Rita McBride, Corinne Wasmuth, Christina Iglesias und Ulrike Rosenbach, u.a. im Kasseler Kunstverein, in der Kunsthalle Düsseldorf, im Berliner Haus am Waldsee und im Staatlichen Museum Schwerin.

Kurator dieser Ausstellungsreihe ist Matthias Winzen.

In Zusammenarbeit mit dem Siemens Kulturprogramm, München. Das Siemens Kulturprogramm variiert mit diesem Thema seine 1996/97 veranstaltete Ausstellungsserie "Zuspiel", die auch im Portikus begann.