05.04.–19.05.1996

"In ihrer Kunst nimmt Lucas kein Blatt vor den Mund, sie macht aber auch nicht viel Worte", schrieb ein Kritiker einmal über das Werk der 1962 in London geborenen Künstlerin Sarah Lucas. Treffend benannt ist hier, was wesentlich Sarah Lucas' künstlerische Objekte ausmacht: eine drastische, rüde Sprache und eine präzise, knappe Weise, in der formuliert wird.

Sarah Lucas mag einigen Portikus-Besuchern noch ein Begriff sein durch ihre Beteiligung an der Gruppenausstellung "Karaoke (Fußball WM) - Georg Herold und Gäste" im Juni 1994, bei welcher sie erstmalig die Skulpturen "Au Naturel" und "Bitch" zeigte. Auch bei der jetzigen Portikus Ausstellung - übrigens der ersten Einzelausstellung von Sarah Lucas in Deutschland - sind, unter anderem, neue Werke zu sehen. Sarah Lucas schafft anhand von einfachen, alltäglichen Materialien und Gegenständen wie Früchten, ausrangierten Möbeln und Fundstücken aufmüpfige Objekte, die in ihrer grotesken und makabren Qualität über das rein Pointenhafte hinausgehen und nachhaltig provozieren. Hierfür setzt die Künstlerin ein Medium ein, das eine lange subversive Tradition hat: Collage und Assemblage. Sarah Lucas, die an dem Goldsmith's College in London studiert hat und in dem rauhen Arbeiterklassenviertel im Osten Londons aufgewachsen ist und dort auch heute lebt, setzt sich intensiv mit gesellschaftlichen Klischees auseinander, die insbesondere Geschlechterrollen und sexuelle Festschreibungen betreffen. Beeinflußt und inspiriert von feministischen Theorien, z.B. Andrea Dworkins Publikationen "Pornography" und "Intercourse", wäre es dennoch zu kurz gegriffen, ihr Werk als "feministisch" oder "politisch" definieren zu wollen.

Lucas' künstlerische Vorgehensweise ist eindeutig; ihre Assemblagen und Collagen jedoch doppeldeutig. Gleichsam spielerisch und unbekümmert entlarvt die Künstlerin die Ambivalenz unserer Assoziationen und Wahrnehmungs-strukturen. "...very slight and casual, which I think is important to the work I do. My work is not laboured, it's like a play." (S. Lucas)

Fotos: Katrin Schilling