03.02.–24.03.1996

Die Ausstellung "Zuspiel" im Portikus eröffnet eine Reihe gleichnamiger Ausstellungen, die in verschiedenen Kunstinstituten Deutschlands und der Schweiz auf Initiative des Siemens Kulturprogramms stattfinden. Die Künstlerbesetzung ist jeweils unterschiedlich, doch wird jede Ausstellung von zwei Künstlern bestritten, die miteinander in einen Dialog treten, sich gegenseitig "zuspielen".

Im Frankfurter Portikus zeigen die in Istanbul lebende Künstlerin Ayşe Erkmen (geb. 1950) und der Hamburger Künstler Andreas Slominski (geb. 1959) neue Objekte und Installationen, die speziell für diese Ausstellung geschaffen wurden und die die besondere räumlich-architektonische und historische Gegebenheit des Portikus einbeziehen.

Ayşe Erkmens wie auch Andreas Slominskis Werke sind von einem räumlich-situativen Vorgehen geprägt, das unser Augenmerk auf das latent Vorhandene, das Beiläufige und scheinbar Nebensächliche lenkt. Hierbei kommen beide Künstler zu ganz individuellen Ergebnissen. Ayşe Erkmens Werke sind ausschließlich "site specific", d.h. nicht übertragbar, da sie als Ausgangspunkt einen bestimmten Ort haben mit seiner ihm eigenen Räumlichkeit, seiner Funktion und seiner Geschichte. Für die Ausstellung "Zuspiel" hat Ayşe Erkmen 7 Sicherheitstore, sogenannte Metalldetektoren, die wir von Flughäfen kennen, zwischen das klassizistische Eingangsportal des Portikus gestellt. Der Eingangsbereich wird so in eine Sicherheitszone umgewandelt, in der die Detektoren durch schrille Geräusche und Lichtsignale anzeigen, ob ein Ausstellungsbesucher Metall am Körper trägt. Die imaginäre Schwelle zwischen Stadt und Kunst, zwischen Innen und Außen, wird zum Schauplatz einer für unsere Zeit bezeichnenden Situation: Kontrolle als Voraussetzung für Bewegungsfreiheit und Sicherheit. Bei Ayşe Erkmens Werk folgt dem Alarmgeräusch der Detektoren nicht die Zutrittsverweigerung; es dient vielmehr der Bewußtwerdung unserer eigenen physischen Präsenz und des uns umgebenden Raumes. International bekannt geworden ist Erkmen durch Arbeiten, die sie während eines einjährigen DAAD-Aufenthalts in Berlin schuf, und durch ihre Teilnahme an der Biennale in Istanbul 1995.

Andreas Slominski hat zur Zeit eine Gastprofessur an der Städelschule in Frankfurt inne. Neben einer regen Ausstellungstätigkeit im In- und Ausland ist er dem Frankfurter Publikum insbesondere ein Begriff durch seinen Beitrag zur Gruppenausstellung "Karaoke" im Portikus (1994) und durch Werke in der Sammlung des Museums für Moderne Kunst, Frankfurt. Für die Ausstellung "Zuspiel" hat Andreas Slominski riesige Flügel diverser Windmühlen in den Portikus geschafft. Sie werden nun bis zum 24. März, dem Ende der Ausstellung, peu à peu zerhackt, zersägt und in einem kleinen Ofen, der im Portikus installiert wurde, verbrannt. Neben ihrer beachtlichen skulpturalen Qualität wird dieses Werk zu einer Metapher einer verlorengegangenen Welt, welche in einem zyklischen Transformationsprozess der Urkräfte (Wind-Feuer-Asche/Rauch) zugleich einen Neubeginn ankündigt.

Fotos: Katrin Schilling