18.06.–24.07.1988

"die fotohefte, die der anlaß für diese ausstellung sind, werden als provisorische hefte von originalfotos in prospekthüllen und drei - um eine reihe anzudeuten - gedruckt publizierte hefte gezeigt. diese sind nicht als kataloge mit fotoabbildungen zu betrachten, sondern als die gültige erscheinungsform. seit fünfzehn jahren thematisiere ich die verknüpfung zweier fotos, ausgehend von der grundbedingung des buches, immer zwei seiten zu sehen, und die seite identifiziere ich mit dem foto. diese praxis beziehe ich auf jeweils vordergründige theoreme, früher die behauptung des filmschnittmodells, der kleinsten kinoeinheit (die bewegung zwischen zwei fotos wird thematisiert), später des ornaments, nicht mit dekor, schmuck zu verwechseln oder auf rapport einzuengen, sondern nach Semper auf den ursprung des ornaments, die naht, zugespitzt. das ornament ist die spur einer verbrecherischen bewegung, die beim mörder modellhaft zur tat

die tat im sinn schritt er zum pferd, ritt hin zu ihr, beging sie mit dem schwert, verfloß die zeit ward zart die leich.

- einschneidendes ereignis - und später zum tatort zurückführen wird, eine tendenzielle kreisbewegung mit einschnitt. die verschränkung zweier fotos hat sich als reine ornamentarbeit entlarvt. das ornament ist nicht verbrechen, sondern die spur, die das verbrechen aufklären hilft. unser verbrechen ist nicht mehr modellhaft rein, sondern fein verteilt, atomisiert, allgegenwärtig, vielleicht mit grauen zu benennen. in den zeichnungen äußern sich dieses theoretische kreisen und das kreisen des forschers in seinem system. das system ist ergebnis und die ausstellung ein hinweis darauf. die einzelnen zeichnungen sind ergebnisse oder entwürfe als ergebnisse und die entwürfe deuten auf malerei, bildhauerei, fotografie. ganz pauschal sage ich gerne die zeichnungen seien entwürfe für fotografie. eine gute zeichnung enthält die löcher, durch die der betrachter fallen wird. die jetzt ausgestellten stammen aus dem zeitraum von oktober 1986 bis jetzt.eineinhalb jahre bedeuten auf jeden fall enge. den reichtum innerhalb dieser enge möchte ich mitteilen."

Gerald Domenig, Juni 1988