15.07.–27.08.1995

Was die meist großformatigen Farbfotografien des in Düsseldorf lebenden Künstlers Andreas Gursky (geb. 1955) in erster Linie auszeichnet, sind ein Interesse am äußeren Erscheinungsbild der Welt und deren detailgetreuen und präzisen Wiedergabe im Medium der Fotografie. Die Bildelemente sind klar strukturiert, die Farben und Formen so streng formalisiert, daß man den Eindruck gewinnen könnte, Gurskys Fotografien seien, einem ästhetischen Konzept entsprechend, inszeniert und arrangiert. Gurskys künstlerische Vorgehensweise ist jedoch äußerst durchdacht und selektiv, angetrieben von einer Suche nach dem einen Bild, das - dem kollektiven Gedächtnis verwandt - unsere unbewußte Bildvorstellung auf den Punkt bringt.

Von riesigen Fabrikhallen zu panoramahaften Landschaftsaufnahmen, von betriebsamen Börsen in Hongkong zu einsamen Anglern in Mühlheim reicht Gurskys motivische Bandbreite. Ob seine Fotografien von einer an Horror vacui grenzenden Fülle oder von extremer Einsamkeit berichten, immer haftet ihnen der Charakter des Zeitlosen an. Dieser Augenblick des Innehaltens, des "nunc stans", in dem die Zeit in einem einzigen, allgemeingültigen Moment eingefangen scheint, bindet Gurskys Fotografien an Werke der Kunstgeschichte:

Jan Vermeers stille und detailverehrende Genrebilder, C.D. Friedrichs romantische Landschaftsbilder, Cézannes forschend-analysierende, bildnerische Arbeiten. Ähnliche Bildvorstellungen in der Kunstgeschichte erklärt Andreas Gursky damit, daß "es offensichtlich eine gemeinsame, allen Menschen verständliche Sprache des Unbewußten gibt, die man die Sprache der Bilder nennen könnte." (A.G. im Gespräch mit B. Bürgi, Zürich 1992)

In seiner Ausstellung im Portikus zeigt Andreas Gursky großformatige Arbeiten der letzten Jahre. Sie haben als Ensemble eine eigene Bedeutungsebene, ohne daß die Gültigkeit der einzelnen Bilder angezweifelt würde. Von zentraler Bedeutung ist die Fotografie "Montparnasse", welche Gursky 1993 von einem blockhaften Wohnkomplex in Paris aufnahm. Sie leiht ihren Titel einer aufwendigen Publikation, die zur Ausstellung erscheint.

Fotos: Katrin Schilling