20.11.1993–09.01.1994

Mit der Ausstellung von Ernst Caramelle nimmt der Portikus Frankfurt zum dritten Mal die Gelegenheit wahr, einen Preisträger des renommierten Reinhold Kurth - Kunstpreises der Frankfurter Sparkasse zu präsentieren.

Ernst Caramelle, 1952 in Hall in Tirol geboren, lebt und arbeitet in Frankfurt sowie in New York. Seit seinen ersten Ausstellungen Mitte der siebziger Jahre hat er ein vielfältiges Oeuvre geschaffen, das sich mühelos zwischen unterschiedlichen Medien und Materialien bewegt: Zeichnungen, Lichtbilder (unter Verwendung von Sonnenlicht und farbigem Papier), Fotografien und Videoarbeiten fallen ebenso in den Bereich seiner künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten wie Wandmalereien und Rauminstallationen.

Dabei gilt sein Augenmerk insbesondere den Kontexten von Kunst, seien es die ortsspezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Ausstellungsraumes selber, oder - weiter gefaßt - die Bedingungen von Kunstproduktion und Kunstrezeption überhaupt. Dies geschieht allerdings nie in der Art eines nüchternen, intellektuellen Diskurses, sondern immer mit dem ganz eigenen Humor, der Doppelbödigkeit und poetischen Kraft, für die der Name Ernst Caramelle einsteht.

Eigens für den Portikus hat Caramelle eine Arbeit entwickelt, die sich aus mehreren, ineinander verschachtelten Komplexen entfaltet. Einerseits werden die räumlichen Gegebenheiten der Ausstellungshalle selbst zum Anlaß von Wandmalereien, welche eine Art Raumspiegelung initiieren.

Der illusionäre Charakter dieser Malerei wird andererseits durch ein im Raum stehendes Objekt sowohl verstärkt als auch gebrochen: verstärkt, weil dieses Objekt wie ein Repoussoir wirkt, gebrochen, weil es sich zugleich als ein überdimensionales Gesicht sehen läßt, dessen Physiognomie sich unentwegt wandelt. Die "Augen" des Objekts bestehen nämlich aus zwei winzigen Bildschirmen, auf denen das tägliche Fernsehprogramm abläuft; die wechselnde Szenenbeleuchtung bringt jeweils die wechselnde Physiognomie hervor. Anschauen bedeutet demnach in eins Angeschautwerden, das Sichtbare stellt sich im physiognomischen Gegenüber als Frage dar.

Schließlich befinden sich sechs Vitrinen im Raum, die mit Zeichnungen bestückt sind. Im Blick darauf eröffnet sich ein weiterer, intimer Raum künstlerischer Auseinandersetzung, der jene Irritationen, die der reale Raum vorgibt, erweitert und vertieft.

Foto:Katrin Schilling