17.04.–16.05.1993

Der 69jährige amerikanische Maler und Bildhauer Richard Artschwager, der in New York lebt, gehört heute zu den interessantesten Persönlichkeiten der internationalen Kunstszene. Nicht allein, weil er ein umfangreiches Oeuvre aufzuweisen hat, das sich thematisch den Spielraum zwischen den herkömmlichen Gattungsgrenzen zunutze macht. Darüber hinaus wirkt er auch als einer der maßgeblichen Anreger der jüngeren und mittleren Künstlergeneration, zu denen etwa Harald Klingelhöller und Katharina Fritsch zählt; beide waren bereits mit Arbeiten im Portikus vertreten. Insofern gehört die Ausstellung Artschwagers zu den langgehegten Desideraten im Kontext unseres Programms.

Dabei wird der Künstler die Herausforderung annehmen, die dem Portikus den Ruf einer "Experimentierkiste" eingebracht haben. Indem er nämlich sein ursprüngliches Konzept einer raumgreifenden Wandzeichnung mit plastischen Versatzstücken abänderte, wird er sich auf ein für ihn durchaus neues Terrain begeben. Der gesamte Raum wird nun mit einem Mobilar bestückt werden, dessen Erscheinungsbild indessen nicht mit Artschwagers frühen, malerisch behandelten Möbelstücken vergleichbar ist, das vielmehr in Gestalt von Verpackungskisten daherkommt. In dieser Weise entfaltet er eine Metaphorologie der Kunstausstellung als solche: ein gegebenes, neutrales Ambiente wird auf begrenzte Zeit "ausgestattet" und hält auf diese Weise ihr unverwechselbares, wenngleich mobiles Image. Zugleich beinhaltet die Installation ein subtiles Spiel mit der fetischisierten Wahrnehmung des Connaisseurs. Der Akt des Ausstellens gerät in eins zu einem Akt der Verweigerung.

Die Verweiskette ist damit aber noch nicht zu Ende. Denn dadurch, daß der Inhalt der Verpackung scheinbar verweigert wird, setzen die Arbeiten um so mehr die Imagination des Betrachters in Gang. Dies leistet auch das dezentral plazierte Hauptstück der Installation mit dem Titel Splatter Table and Chairs. Es faßt das Inventar möglicher Ausstellungsgegenstände gleichsam abbreviatorisch zusammen, aber so, daß sämtliche Ingredienzen unentwirrbar durcheinandergewirbelt und fragmentarisiert werden. Wir dürfen davon ausgehen, daß Artschwagers doppelbödige und witzige Intervention das Gesicht des Schuhkartons, genannt Portikus, erneut um eine bislang nicht gesehene Facette bereichern wird.

Fotos: Katrin Schilling