16.06.–12.07.1992
Zum ersten Mal in einer ausschließlich historischen Ausstellung präsentiert der PORTIKUS weitgehend unbekannte Papierarbeiten von Otto Muehl aus den sechziger Jahren. Schwerpunkt der Ausstellung sind eine Reihe von farbigen Siebdrucken, die Persönlichkeiten des damaligen "Establishment" darstellen, Prominente aus Politik, Kultur und Showgeschäft. Zu Bildern von Konrad Adenauer, Charles de Gaulle, Nasser, Papst Paul und Mao als Kettenraucher gesellen sich Jimi Hendrix und Herbert von Karajan. Die Besonderheit von Muehls Porträts ist es, daß er die jeweiligen Vorlagen mittels eines althergebrachten Rasters, also nicht etwa mit Epidiaskop, übertrug. Dadurch enstanden ausgesprochen expressive, bewußt blöde Bilder. Noch heute wirken diese Papierarbeiten angriffslustig und herausfordernd, ihr folkloristisch agitativer Stil unterscheidet sich deutlich von der "Coolness" der Pop Art, wobei beides im Aspekt der Ironie zusammengeht.
Im Unterschied zur Pop Art aber waren Muehls Porträts Bestandteil eines Versuchs, die österreichische Gesellschaft, welche noch alle Anzeichen einer unbewältigten nationalsozialistischen Vergangenheit trug, von Grund auf zu revolutionieren. Dabei gingen ästethisch gesehen Techniken des Zertümmerns, Zerstörens, Aufschlitzens, Besudelns (Materialaktionen und Collagen) mit verbalradikalen Manifesten zusammen. Beides, Collagen und eine Fülle von Dokumenten, die einen Einblick in damalige angeheizte Atmosphäre vermitteln, werden in der Ausstellung gezeigt. Als Dokumente eines Versuch, von der Dekonstruktion des Ästhetischen her die Gesellschaft zu revolutionieren, geben sie zugleich Auskunft über den Prozeß eines notwendigen Scheiterns.
Fotos: Katrin Schilling