04.04.–03.05.1992
Mike Kelley, der 1954 in Detroit, Michigan, geboren ist, gehört gegenwärtig in den USA zu den meistdiskutierten Künstlern, während seine Arbeit in Europa noch kaum bekannt ist. Mit der raumgreifenden Installation „Alma Pater" im Portikus bestreitet Kelley nun seine erste Einzelpräsentation in einer öffentlichen Ausstellungshalle in Deutschland.
Aus katholischem Arbeitermilieu stammend, studierte er am California Institute of Arts in Valencia. Beides - ein proletarisch-emotionaler Kunstgeschmack mit religiösen Wurzeln und eine ironisch-intellektuelle Distanz dazu - prägen seine Arbeiten. Kelley ist keiner bestimmten Kunstgattung verpflichtet. Gegen Ende der siebziger Jahre produzierte er vor allem Peformances aus Musik und Sprache unter Körpereinsatz. In jüngster Zeit hat er durch seine Installationen mit vernutzten Plüschtieren und Müllsäcken beträchtliches Aufsehen erregt; indes gehören auch Ölmalereien und piktogrammähnliche Stoffbilder zu seinen künstlerischen Möglichkeiten. Wir haben es mit einem thematisch arbeitenden Künstler zu tun, der sich potentiell jedes beliebige Material zu eigen machen kann.Mike Kelley provoziert, und er provoziert bewußt, weil ihn „das Brüchigwerden von Kulturen, die Rand- und Splitterzonen: die ideologischen Brüche innerhalb einer fälschlich als Einheit gedachten Kultur" interessieren, wie er sagt. Die ästhetischen Grenzüberschreitungen (die seine Arbeiten initiieren) verhalten sich ähnlich spannungsvoll zur gegenwärtigen postmodernen Kultur wie seinerzeit die Grenzüberschreitungen der Pop Art zur spätmodernen Kultur der 50er Jahre. Insofern steht die Ausstellung im Portikus in logischer Folge zu der vorausgegangenen „Multiples"-Austellung von Claes Oldenburg.
Mit der Arbeit „Alma Pater (Wolverine Den)" verweist Kelley auf die maskuline Ästhetik der alten amerikanischen Hochschulen, indem er ihre traditionelle Bezeichnung „Alma Mater" in „Alma Pater" verändert. Der Untertitel „Wolverine Den" (Wolfs-/Vielfraß-Höhle) bezieht sich auf die Football-Mannschaft der Universität von Michigan, wo Mike Kelley studiert hat, die den Teamnamen „Wolverines" trägt. Die Banner, mit denen die Installation bestückt ist, zeigen Logos der Universität von Michigan, die sich sonst auch auf T-Shirts, Trikots, Aufklebern etc. befinden. Solche Gegenstände werden in den USA von den Universitäten zum Verkauf angeboten; sie sind Teil ihrer Marketingpolitik. Auf den universitären Wettbewerb und Wettkampfgeist spielen zwei speziell angefertigte Pferdeporträts an, die zugleich eine ironische Kritik implizieren: eines der beiden Pferde hat Milchspuren um sein Maul, dem anderen laufen Tränen aus den Augen.
Foto: Katrin Schilling