11.01.–12.02.1992

In Auseinandersetzung mit der Minimal-Skulptur der sechziger und siebziger Jahre, deren Formenrepertoire sich auf elementare geometrische Elemente ("specific forms") gründet und die mit dem Postulat der Unhintergehbarkeit der sichtbaren Form arbeitet ("What you see is what you see"), verfolgt Harald Klingelhöller (Jahrgang 1954, in Düsseldorf lebend) seit Beginn der achtziger Jahre die bildnerische Problematik der Relationen zwischen plastischer Form und Sprachform. Denn andererseits ist er - wie seine Düsseldorfer Weggefährten Reinhard Mucha oder Thomas Schütte etwa - der Überzeugung, daß auch die herkömmliche abbildende Skulptur, die gewöhnlich eine Kette von Repräsentationen evoziert, den skulpturalen Eigensinn verstellt. So gewinnen Klingelhöllers Skulpturen ihren spezifischen Charakter aus der andauernden Zwiesprache und den wechselnden Dominanzen zwischen präsenten Formen und Repräsentation verfehlenden Bedeutungen.

Klingelhöller arbeitet mit wenigen Materialien nur - Wellpappe, Stahl, Spiegelglas gehören vor allem dazu - und mit reduzierten, klaren Formen, in dieser Weise durchaus an die Tradition der Minimal Art anschließend. Seine Werktitel indessen lassen erkennen, daß die dort ermöglichten Seherfahrungen skulpturaler Logik eine gänzlich andere Wendung genommen haben. Denn die Logik der Form erschließt sich bei Klingelhöller immer erst aus dem vielfältigen Spiel zwischen sichtbarer Form und angesonnener Bedeutung. Weder erklärt der Werktitel das jeweilige Werk noch illustriert das Werk den jeweiligen Werktitel.

In frühen Arbeiten (etwa "Frucht der Arbeit", 1984) beschäftigte Harald Klingelhöller vorderhand jene gemeinsame bildliche Dimension von Sprache und Skulptur, wie sie die Metapher bereitstellt. Gleichzeitig fand er einen unmittelbaren Anknüpfungspunkt, indem er oftmals Werktitel zu plastischen Formen zerlegte und neu zusammensetzte. Sprache wurde zu Material im wortwörtlichen Sinne. Dennoch gab das Zu-Sehende nur mittelbar Aufschluß über seine verbale Herkunft, und gerade diese Kluft ist es, die den Künstler bis heute interessiert.

Dergestalt entwickelt Klingelhöller bisweilen ganze skulpturale Serien zu identischen Werktiteln, um die Variabilität sprachlicher und skulpturaler Räume zu erforschen und zur Anschauung zu bringen. In der Verwendung von Spiegelglas wird auch der Betrachter und seine wechselnde Standortbezogenheit in das räumliche Geschehen der Arbeiten involviert.

Im Portikus wird Harald Klingelhöller vier neueste Skulpturen zeigen (Titel: "Ich bin hier, du bist hier", "Als wäre nichts gehört", "Als wäre nichts gesagt", "Die Wohnung ist unverletzlich") - darunter eine als Außenskulptur konzipierte Arbeit aus Basalt und Aluminium -, die in ihrer Präsentation zueinander und zum gegebenen Raum eine Art Kanon skulpturalen Verhaltens und Wahrnehmens eröffnen werden.

Fotos: Katrin Schilling