06.06.–14.07.1991

Der Amerikaner Bruce Nauman (geb. 1941) gehört zweifellos zu den einflußreichsten Künstlerpersönlichkeiten der Gegenwart. Sein Werk ist durch eine große mediale Vielfalt geprägt, deren innovativen Impulse in einem komplexen Kontext sich gegenseitig bedingender und ergänzender Formulierungen zusammenfließen. Diese Komplexität der Werkentwicklung, mit ihren ebenso unerwarteten wie beständigen Richtungsänderungen und Akzentverschiebungen, gestattet kaum eine lineare Beschreibung der in ihr enthaltenen Abhängigkeiten und Bezüge. Sie ist vielmehr gekennzeichnet durch eine spontane Disponibilität der Erfahrungen als Künstler und seines Tuns. Die Grundlage von Naumans künstlerischer Haltung und seines daraus erwachsenden Handelns ist seine eigene Existenz als Künstler, der er in einem unablässigen Prozeß der Selbsterfahrung folgt. "Womit ich mich wirklich auseinandersetze, ist, was Kunst sein soll und was sie werden kann." (Nauman, 1975) Nauman sucht die Herausforderung durch Situationen, die ihn selbst und den Betrachter über die Grenze des eigenen Erfahrungshorizontes hinausführen; "man wird so zu einem gesteigerten Bewußtsein seiner selbst und der Situation gezwungen. Oft sogar, ohne daß man weiß, was das, dem man hier entgegentritt und/oder erlebt, eigentlich ist. Alles, was man weiß, ist, daß man an einen Ort gestoßen wird, der einem völlig unvertraut ist, und daß dies Angst auslöst". (Nauman, 1985/86)

Ausgangspunkt dieser Selbsterfahrung als Ergebnis seines künstlerischen Handelns war für Nauman zunächst der eigene Körper und die durch ihn bedingte Aktivität. Dieser bestimmte ab Mitte der 60er Jahre als Material in unterschiedlicher formaler Ausprägung die künstlerische Arbeit Naumans. In dieser Zeit dokumentiert er filmisch eine Reihe von Performances in seinem Atelier, in denen Körperaktionen festgehalten sind, die ihn in verschiedenen Positionen im Verhältnis zum Raum zeigen oder bestimmte Aktivitäten aufzeichnen. Gleichzeitig entstehen plastische Arbeiten, bei denen der Körper als Maßstab dient oder als Vorlage für fragmentarische Wachsabgüsse.

Mit den in der ersten Hälfte der 70er Jahre entstandenen Korridoren und installierten Räumen wie Floating Room oder Double Steel Cage Piece vermittelte Nauman diese Selbsterfahrung direkt an den Betrachter bzw. Benutzer, indem er dessen Bewegungsmöglichkeit einschränkt und damit seine Erfahrung der Situation manipuliert. Diese auf dem Spannungsverhältnis von privater und öffentlicher Erlebnissphäre basierenden Installationen provozieren unausweichliche Erfahrungen und objektivieren somit die subjektive Vorstellung des Künstlers, ohne sich dadurch vollständig preiszugeben. "Ich glaube, das ist eine wichtiger Bestandteil meiner Arbeit - dem Betrachter etwas von mir selbst mitzuteilen, indem ich ihm ein Kunstwerk vorsetze, ihn aber andererseits nicht näher an mich heranlasse. Das ist, als ob man nahe heran will, aber nicht allzu nahe heran darf." (Nauman, 1986)

Diese Thematisierungen des Ausgeliefertseins, der Orientierungslosigkeit, des Alleinseins in einer unvertrauten, verunsichernden und daher ängstigenden Situation kehren unter völlig unterschiedlichen formalen und inhaltlichen Vorzeichen auch in Naumans Tunnel Modellen, seinen politisch motivierten South America Chair Installationen und den Video Installationen der letzten Jahre wieder.

Die Ausstellung im Portikus zeigt im Zusammenhang mit der umfassenden Präsentation von Skulpturen und Installationen der Jahre 1985 bis 1990, die das Städelsche Kunstinstitut aus Anlaß der Verleihung des Max Beckmann-Preises 1990 an Bruce Nauman ausrichtet, eine neue Video-Installation mit dem Titel Ok Ok Ok. Sie besteht aus zwei Bildplatten, die auf zwei Monitore und einem Video-Beam direkt auf die Stirnwand des Raumes projiziert werden. Die Bildplatten zeigen den Kopf des Künstlers, der sich permanent um die eigene Achse drehend das bejahende Sprach-Kürzel in vielschichtiger Modulation spricht bzw. herausschreit. Während die eine Platte das aufrechtstehende Bild wiedergibt, erscheint es auf der anderen auf dem Kopf stehend, so daß der Eindruck eines an den Füßen Aufgehängten suggeriert wird. Damit schafft Nauman nicht allein einen Verweis auf seine Performance-Filme der 60er Jahre, vielmehr ist OK OK OK in einem unmittelbaren Zusammenhang mit seinen Installationen aus Wachsköpfen zu sehen, die er in den letzten beiden Jahren auch als Elemente von Video-Installationen realisiert hat.

Foto: Katrin Schilling