19.12.1987–02.07.1988
Anna und Bernhard Blume, beide 1937 geboren, er im Ruhrgebiet, sie im Münsterland, verheiratet, zwei 19-jährige Töchter, mit Oma Maria, Bruder Willi, und Quasi-Schwägerin Sybille in Köln lebend, führen in zwei Großfotosequenzen Aspekte ihres (unseres) trauten Kleinfamilienlebens vor.Allerdings wird hierbei aus Vertrautem Unvertrautes. Nicht, daß sie das Vertraute und Heimelige ins krasse Gegenteil verkehrten, nein, lediglich der immanente Alltagswahnsinn wird quasiauthentisch reinszeniert und von diesen beiden Künstlern signifikant ins Bild gerückt. Dann wird aus dem Wohnzimmer das „Wahnzimmer". Aus dem behutsamen Umgang mit den Kultstücken des Wohnzimmers z.B. Blumenvasen wird eine „Vasenekstase". Beim täglichen Kartoffelschälen kriegt die Hausfrau einen Küchenkoller oder das Mittagessen schlägt um ins Eucharistische: Pellkartoffeln werden Heilsgebilde. Diese künstlerische Transformation des Alltäglichen ins bildhaft Exemplarische bearbeitet das Ehepaar Blume gemeinsam, zeichnerisch dagegen arbeiten sie auf separaten Schienen.
Anna Blume, in ihren jungen Anfängen durchaus mit der Schwitterschen Anna Blume verwandt, nach 20 „Fronjahren in Schuldienst und Familie", aber eher feministisch radikalisierte Flower Power, zeichnet riesenblumenbemusterte Frauenkörper realistisch bis karikaturistisch.
Bernh. Joh. Blume (Beuys-Freund, und Grüner Kampfgefährte) zeichnet comic-artige, kürzelhafte Heils- bzw. Unheilszeichen über Kunst & Leben.
Aber vor der Kleinbildmotorkamera agiert das Künstlerehepaar dann stets vereint. Sie knipst dabei ihn, und er knipst sie, der Selbstauslöser dann zuweilen beide. Ihr Fototheater spielt hierbei drinnen und draußen. Im Fernsehsessel und in Wald und Flur, diesen zwei Seinsextremen, in die das deutsche, so innigliche Leben ja zerrissen ist. Auch von Teneriffa schwärmen sie in letzter Zeit. Aber noch ist die hiesige Landschaft nicht völlig abgelichtet.
Für diese Frankfurter Ausstellung wurde schon durch das Titeltransparent an den Säulen der neuen Ausstellunsghalle aus dem tympanonbedachten Portikus (Achse Obermainbrücke) ein Trautes Heim. Und oben vom Schwesternhochhaus des Heilig-Geist-Krankenhauses, gleich hinterm Portikus lächelt auf einem riesigen Fototransparent Anna Blume auf das Frankfurter Chaos hinunter.