26.01.–24.02.1991
Bernhard Härtters Installation im Portikus besteht aus buchstäblich unzähligen Einzelbildern, die er in exakt gleichen Abständen an den Wänden des Raumes aufreiht. Es handelt sich um gleichförmig bemalte Hartfasertafeln von 11 x 11 cm Größe, die auf einen weißen Grund gesetzte, einander überlagernde Farbkreise zeigen. Dabei verleiht die von Härtter eingesetzte, dünnflüssige Lackfarbe den Bildern ein glänzendes, an Kacheln erinnerndes Finish, das den Malprozeß als ein serielles Produktionsverfahren ausweist. Dem steht ein sehr subtiler Umgang mit der Farbigkeit gegenüber, die von Härtter rein intuitiv, ohne konzeptuelle Vorgaben, zu einer faktisch unendlichen Variationsbreite entwickelt wird. Diese tatsächliche individuelle Unterschiedenheit wird zudem durch eine spezifische Anbringung der Tafeln verstärkt, die nicht an die Wand gehängt oder geklebt werden, vielmehr lehnt jede einzelne auf einem kleinen, aus einer Dreieckleiste zugesägten Sockel an der Wand. Ihre unüberschaubare Vielzahl bedingt jedoch einen Gesamteindruck, der seinerseits einer anschaulichen Ordnung unterworfen ist, und es sehr schwer, wenn nicht unmöglich macht, das einzelne Bild aus seinem Kontext zu isolieren. Diese Gleichzeitigkeit von Einzelbild und Gesamtstruktur verweist den Betrachter unmittelbar auf ihre Präsentation, die ambivalente Züge einer Kunstausstellung und eines funktionalen Wanddekors trägt. Härtters Installation begegnet dem Betrachter somit in einer nicht lösbaren Verknüpfung sukzessiver Individualität und simultaner Unüberschaubarkeit, die von der spezifischen Raumsituation determiniert wird und diese vergegenwärtigt. "Ich begreife die einzelnen Tafeln gewissermaßen als Versatzstücke, die in sich zwar autonom, aber dennoch in Hinsicht auf eine bestimmte Wirkung oder räumliche Atmosphäre konzipiert sind. Die zur Verfügung stehenden Wandflächen bilden die natürlichen Grenzen einer Produktion, die in sich keine beschränkenden Maßstäbe hat und (erst) zum Halten kommt, wenn die Flächen bis zum Rand angefüllt sind. Dabei folge ich bei der Herstellung der entsprechenden Anzahl von Tafeln dem effizientesten Verfahren: Die Arbeiten werden zusammenhängend und gleichzeitig bemalt. Natürlich kommt dann an der Wand wieder eine Abfolge von Einzelteilen heraus, die aber nicht mehr für ein zeitlich deutbares Nacheinander oder einen veranschaulichten Zeitraum oder Zeitaufwand stehen. Entscheidend für die Einzelteile ist die Wirkung im Verbund mit einer ganzen Wand. Den Tafeln genügt der Blickkontakt mit dem Betrachter, ein kurzer Moment der Aufmerksamkeit reicht aus. Es ist nicht unbedingt nötig mehr darin zu sehen." (B.Härtter)
Bernhard Härtter, 1962 in Calw geboren, studierte von 1981 bis 1988 in Freiburg/Br. als Meisterschüler bei Peter Dreher. 1988 erhielt er den Förderpreis der Wirtschaft am Oberrhein und war Preisträger im Wettbewerb "Kunst an der Straße" des Bundesverkehrsministeriums. Er lebt und arbeitet seit Ende 1990 in Frankfurt am Main.
Fotos: Katrin Schilling