04.10.–04.11.1990

Mit seiner Eröffnungsausstellung im Oktober 1987, in der "Publiziertes und Unpubliziertes" von Dieter Roth gezeigt wurde, begann der Portikus seine Ausstellungsreihe, die jeweils parallel zur Frankfurter Buchmesse einen Künstler präsentiert, der sich in besonderem Maße mit dem Buch als autonomen Medium seiner künstlerischen Arbeit auseinandersetzt. Nach Ilya Kabakov - 10 Alben - 1988 und Lawrence Weiner im vergangenen Jahr, stellt der Portikus nun die Buchprojekte von SolLeWitt vor.

SolLeWitt gehört - wie auch Lawrence Weiner - zu den bedeutendsten Exponenten der Amerikanischen Konzept-Kunst, ein Begriff, den LeWitt Mitte der 60er Jahre in seinen Paragraphs und Sentences on Conceptual Art in die Diskussion eingeführt hat. Seine bildnerische Konzeption basiert auf der zeitlich parallel entwickelten Formensprache der Minimal Art, deren reduziertes, auf geometrischen bzw. stereometrischen Grundformen basierendes Vokabular LeWitt in unterschiedlichen Medien zu seriellen Strukturen ausarbeitet. Dabei steht die Vorstellung der Idee im Vordergrund, der die physische Realisation untergeordnet ist. "Die Idee selbst, auch wenn nicht in sichtbare Form gebracht, ist ebenso ein Kunstwerk, wie irgendein abgeschlossenes Produkt. Alle Zwischenstadien - erstes Gekritzel, Skizzen, Zeichnungen, mißlungene Arbeiten, Modelle, Studien, Gedanken, Gespräche - sind von Interesse. Die, die den gedanklichen Prozeß des Künstlers anzeigen, sind manchmal interessanter als das Endergebnis." (Paragraphs, 1966) Das heißt, die formale und materielle Ästhetik des Werkes ist zugunsten der Angabe des Konzeptes zurückgenommen, jedoch nicht ausgeschlossen. Dies wird vor allem bei den farbigen Wandzeichnungen deutlich , deren anschauliche Sinnlichkeit nur scheinbar in einem Widerspruch zur strengen Konzeptualität des Werkbegriffes steht. Das einzelne Werk ist weder in seiner anschaulichen Qualität noch in seiner konzeptuellen Struktur auf rational begründbare Beziehungen ausgerichtet; vielmehr geht es LeWitt um die Thematisierung einer solchen Beziehung als eine schlechthin antithetische - die logisch-systematische Variierung von Formgestalten ist der Vorstellung einer potentiellen Vielheit von Ordnungssystemen untergeordnet.

Neben der Ausformung in Skulpturen und Wandzeichnungen benutzt LeWitt seit Mitte der 60er Jahre das Buch als Medium zur Vorstellung seiner Konzepte. Im Buch sah LeWitt - wie andere Künstler in dieser Zeit auch - ein ihren Ideen adäquates Realisationsmedium, das den Bereich der traditionellen Präsentation des Werkes in Ausstellungen erweiterte. Ein Bedürfnis, das auch mit der Erarbeitung neuer Praktiken und Dimensionen in Zusammenhang stand, mit denen die Kunst in zunehmenden Maße aus dem Museum ausbrach, um den Außenraum für ihre Arbeit wiederzugewinnen.

Bei den Büchern, die Sol LeWitt als autonome Werke realisiert hat, lassen sich drei formale Entwicklungsstränge unterscheiden: die frühen Bücher enthalten vorwiegend die Aufzeichnung von Ideenkonzepten durch einfache Skizzen und sprachliche Beschreibungen; danach entstehen Bücher, die farbige oder zeichnerische Systeme in verschiedenen graphischen Ausdrucksmitteln entwerfen; als drittes treten Bücher mit Photographien hinzu, in denen zeitlich-atmosphärische Momente als Träger des Konzeptes erscheinen.

Zur Ausstellung wird ein von Sol LeWitt gestalteter Katalog publiziert, der ein Werkverzeichnis aller bisherigen Buchprojekte enthält, wobei nur jene berücksichtigt wurden, denen LeWitt einen autonomen Werkcharakter zuweist, wohingegen von ihm gestaltete Kataloge und in kleiner Auflage verlegte, mit Radierungen oder Siebdrucken versehene Ausgaben ausgespart bleiben.

Fotos: Katrin Schilling