04.05.–30.06.2019

Eröffnung: 03.05.2019, 19h 

The Wolf and The Head on Fire ist Dawn Kaspers (*1977) erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland. Seit mehr als einem Jahrzehnt fordert die multidisziplinär arbeitende Künstlerin die Grenzen von Kunst und Leben, des Öffentlichen und des Privaten sowie zwischen Atelier und Ausstellungsraum in ihren dauerhaften Performances heraus. Für den Portikus hat sie mit der Ausstellung ein neues Kapitel dieser anhaltenden Infragestellung und Anfechtung jener Dichotomien entwickelt.

The Wolf and The Head on Fire schließt an ihre sechsmonatige Performance The Sun, The Stars, The Moon für die Venedig-Biennale 2017 an, für welche sie eine neue Variation ihrer Serie The Nomadic Studio Practice Experiment (2008-) entwickelte. The Nomadic Studio sind Performance-Experimente, in welchen die Künstlerin den Raum der Institution zu ihrem Atelier werden lässt, in dem sie für die Dauer der Ausstellung arbeitet und mit befreundeten Künstler*innen oder Besucher*innen kollaboriert bzw. interagiert.

Der Titel The Nomadic Studio Practice spricht von einem zeitgenössischen, nomadisch-prekären Leben und entstand, als Dawn Kasper 2008 kein Atelier hatte und es so in den Ausstellungsraum verlegte (This Could Be Something If I Let It, 2012) oder aus ihrem Pick Up Truck heraus performte (Repeater, or On Inertia and Anger, 2009). Kaspers Performances sind zur künstlerischen Praxis geworden, quasi institutionalisiert und fordern durch ihre offene und ungeleitete Struktur die Wahrnehmung von Kunst und deren Ausstellungsraum heraus. Die Themen ihrer Performances sind oft allgemeine Begriffe wie Leben und Tod, menschliche Interaktion oder Mythologien. Den Abfolgen ihrer Handlungen liegen immer Konzepte oder Hypothesen zugrunde, die sie recherchiert und in den Ausstellungen durch im Voraus festgelegte Bewegungs- und Handlungsabläufe (notations) exerziert.

Thema und Inspiration der Ausstellung im Portikus ist die Aesopsche Fabel Der Wolf und das Geißlein. In dieser rettet sich ein Ziegenkitz vor dem Gefressen werden durch einen hungrigen Wolf, indem es ihn überredet, vor dem Festschmaus ein Lied zu spielen, um ihn von seinem eigentlichen Willen abzubringen. Dawn Kasper legt diese Fabel als erweiterte Allegorie auf poetische Inspiration und die Herausforderungen und Hindernisse des künstlerischen Arbeitens aus, welches sie in ihrer Nomadic Studio-Praxis täglich exponiert. Die sichtbare künstlerische Produktion der Arbeiten wird so als Werk mit einbezogen, so dass die Veränderungen der Installation, die Skulpturen, Lampen, Fotografien, und Musikinstrumente zu Elementen der Performance werden.

Auch sind Interaktion und Konversation mit Besucher*innen Teil von Dawn Kaspers Auseinandersetzung mit dem Ort und lassen die Institution mit ihren vorgesehenen Verhaltenscodes zu einem Ort des tatsächlichen Austauschs werden, ohne die gewohnten Asymmetrie einseitiger Wahrnehmung.

Für The Wolf and The Head on Fire hat Dawn Kasper befreundete Musiker*innen, Maler*innen und Filmemacher*innen zu kollaborativen Performances eingeladen. Auch diese sind Teil ihrer Praxis, die die Hermetik eines Werkes oder Konzeptes zugunsten eines gemeinschaftlichen Austauschs ausschließt.

So wird die Ausstellung zu einem Ort, in den sich über den gesamten Zeitraum hinweg die Notation von Dawn Kaspers performativer Routine einschreiben wird – sichtbar als Werk und unsichtbar als Geschichten.

Performance Programm:

11.05.2019, 21h: Nacht der Museen
24.05.2019, 19h: m/ James Krone
31.05.2019, 19h: m/ Jeff Preiss 
07.06.2019, 19h: m/ Zeena Parkins
14.06.2019, 19h: m/ Marc LeBlanc
21.06.2019, 19h: m/ Mariechen Danz
28.06.2019, 19h: m/ Andrew Lampert
 

Dawn Kasper (1977, Fairfax, Virginia) lebt und arbeitet in New York. Mit ihrer interdisziplinären Praxis vereint sie die Bereiche Performance, Installation, Skulptur, Zeichnung, Fotografie, Video und Ton. Zu ihren jüngsten Einzelausstellungen gehören: Portland Institute for Contemporary Art, Portland, OR; Tang Museum, Skidmore College, NY; ADN Collection, Bozen, Italien; CCS Bard College, NY; Issue Project Room, New York; und David Lewis. Zu Dawn Kaspers aktuellen Gruppenausstellungen zählen:  The Watermill Center, Watermill, NY; 57. Venedig Biennale, Venedig, Italien; American Academy in Rom, Italien; Whitney Bienniale 2012, Whitney Museum of American Art, NY; Tramway, Glasgow, Schottland; The Hammer Museum, Los Angeles, CA; Los Angeles County Museum of Art, Los Angeles, CA; Pacific Standard Time Public und Performance Art, Los Angeles, CA; Public Art Fund, Art Basel Miami Beach, FL und Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich.

Die Ausstellung wird gefördert durch die Hessische Kulturstiftung und unterstützt durch den Städelschule Portikus e.V. und Lindsey & Patrick Collins.

Kuratiert von Christina Lehnert

Fotos: Diana Pfammatter