10.02.–08.04.2018

 

Öffentliche Führungen:

18.03.2018, 14h

04.04.2018, 18.30h

Der Portikus freut sich, die erste institutionelle Einzelausstellung der US-amerikanischen Künstlerin Candice Lin (*1979) in Deutschland zu präsentieren. Unter dem Titel A Hard White Body, a Soft White Worm lädt die Ausstellung die Besucher*innen in eine fragmentierte Welt aus zerbrochenem Porzellan ein. Bruchstücke drapierter Laken, Kleidungsstücke und Bücher sind die Überreste eines fragilen Raums aus ungebranntem Porzellan, der in einer vorangegangenen Präsentation in Paris feucht und lebendig, von Moos und Pilzen besiedelt war. Für die Ausstellung im Portikus wurde diese voluminöse Skulptur in Teile zerschnitten und gebrannt. Die neue Szenerie zeugt sinnbildlich wie wörtlich von unwiederbringlichem Verlust und Trostlosigkeit – von einem beschädigten Leben, dessen zusammengetragene Einzelteile kein Ganzes ergeben. Doch in eben diesen zerstreuten Fragmenten blitzen Aspekte prekärer Lebensgeschichten auf – und eine diasporische Suche nach einer mobilen Heimat ermöglicht allein durch das Gefühl der Verbundenheit neue Beziehungsgeflechte.

Lin verknüpft die Geschichten des Schwarzen US-amerikanischen Romanautors und Essayisten James Baldwin (1924-1987), der französischen Botanikerin Jeanne Baret (1740-1807), die als erste Frau die Welt umsegelte, sowie der in Frankfurt geborenen Künstlerin und Naturalistin Maria Sibylla Merian (1647-1717). Wenngleich ihre Lebenswege durch historische, geographische und gesellschaftliche Aspekte voneinander getrennt sind, verhandelten alle drei Persönlichkeiten ihre Position in komplexen, intersektionalen Machtverhältnissen.

In der Ausstellung werden diese Lebensgeschichten mit den Existenzen nicht-menschlicher Akteure verwoben: Porzellan, Pflanzen und Insekten. Porzellan wurde historisch in rassistisch konnotierter Sprache als exquisiter weißer Körper beschrieben, als chinesisches Geheimnis, das der imperiale Westen zu entdecken suchte, und das bis Mitte des achtzehnten Jahrhunderts unnachahmlich blieb. Auf und in den Porzellanfragmenten hausen Seidenraupen, die im Laufe der Zeit die weißen Oberflächen mit ihren Exkrementen und sterbenden Körpern beflecken. Inmitten der Installation köchelt ein entgiftender Kräutertee, der als wärmender Trunk die Besucher*innen willkommen heißt. Diese Einladung evoziert zugleich die Vorstellung eines gesunden Körpers, befreit von schädlichen Einflüssen aus Umwelt und Gesellschaft und wirft die Frage nach individueller Reinheit in toxischen Zeiten auf.

A Hard White Body, a Soft White Worm ist eine Koproduktion mit Bétonsalon - Centre d’art et de recherche, Paris und dem Reva and David Logan Center for the Arts, The University of Chicago. Mit einem Beitrag der Temporary Gallery, Köln.

Die Ausstellung im Portikus wurde durch die finanzielle Unterstützung der Hessischen Kulturstiftung ermöglicht.

Ko-kuratiert von Lotte Arndt, Lucas Morin und Philippe Pirotte.

Fotos: Helena Schlichting