13.07.–08.09.2013
12. Juli, 20h: Eröffnung mit Performance Aqua Leo, 1st of at least two
13. Juli, 16h: Performance School of the Seven Bells, 4th of at least three.
7. September, 19h: Performance Ähjeii, anschließend Konzert von Beautiful Balance. DJ Chloé im Robert-Johnson, Offenbach, ab 22 Uhr
Der Portikus freut sich, die erste institutionelle Einzelausstellung der Künstlerin Anne Imhof zu präsentieren. Die Ausstellung ermöglicht einen umfassenden Einblick in Imhofs künstlerische Herangehensweise und verdeutlicht die Vielschichtigkeit, die sie ihrer Arbeit verleiht. Anknüpfend an die Geschichte der Performance im Bereich der Kunst sowie in der Musik und Choreografie untersucht die Künstlerin überlieferte Bilder, Strukturen und Abläufe und entwickelt neue Taktiken, um zu einem erweiterten Performance-Begriff beizutragen. Zentral hierbei ist die Auseinandersetzung mit der viel diskutierten und oft als problematisch empfundenen Dokumentation von Performance. Die Ausstellung im Portikus zeigt, wie Imhof die Vergänglichkeit der Performance – durch das Einführen von unterschiedlichen Medien wie Film, Zeichnung und Installation – zeitlich und räumlich zu entzerren vermag.
Die Filmaufnahmen, die im Hauptraum des Portikus zu sehen sind, zeigen drei Performances der Künstlerin. Die Arbeit School of the Seven Bells übersetzt Robert Bresson Film Pickpocket von 1959 in eine komplexe, über Monate erarbeitete und einstudierte Choreografie, die den Tanz des Taschendiebstahls porträtiert. Imhofs neuste Arbeit, Aqua Leo, 1st of at least two, die speziell für die Ausstellung im Portikus entstanden ist, nimmt Rituale und Geheimzeichen auf, die nachts an der Eingangstür zum legendären Musikclub Robert-Johnson in Offenbach zwischen dem Türsteherpersonal ausgetauscht werden. Die Künstlerin greift Insider-Codes auf, die auf ganz bestimmte Zugehörigkeiten hinweisen, und stellt sie in neue Zusammenhänge.
Anne Imhofs Arbeiten sind bereits in ihrer Entstehung in mehreren Versionen angelegt. Diese entfalten sich über einen undefinierten Zeitraum und an unterschiedlichen Orten. So führte sie 2010 die Performance Ähjeii als Beitrag zum alljährlichen Städelschule-Rundgang auf, um die gleiche Arbeit beim Rundgang ein Jahr später in einer weiterentwickelten Ausführung erneut zu zeigen. 2012 inszenierte und filmte sie die Arbeit, um sie als Video zu präsentieren und live den Sound dazu zu spielen. Für die Ausstellung im Portikus griff Imhof Ähjeii erneut auf und filmte die Choreografie im öffentlichen Raum, ohne Zuschauer. So imitiert sie die Dokumentation der Performance im Vorfeld. Dies ist beispielhaft dafür, dass die Künstlerin eine Strategie entwickelt hat, mit der sie das Medium Performance von seinem klassischen Ablauf „Publikum—Event—Dokumentation“ ablöst.
Die gleiche Vorgehensweise wendet Anne Imhof auf die zwei weiteren im Portikus präsentierten Arbeiten Aqua Leo, 1st of at least two und School of the Seven Bells an. Zusammen mit Ähjeii finden sie während der Laufzeit der Ausstellung in neuer Variation statt. Die zuvor filmisch aufgezeichneten Bewegungen, Gesten, Zeichen und Blicke der Akteure – sogar die Akteure selbst – werden deutlich wiedererkennbar sein. Das Interesse der Künstlerin an der Hinterfragung des „wirklich Erlebten“ bekommt durch das Einsetzen von Sound eine zusätzliche Ebene. Zusammen mit Billy Bultheel vom Institut für Angewandte Theaterwissenschaft an der Universität Gießen hat Imhof eine mehrteilige Komposition entwickelt, die im Ausstellungsraum zu hören ist und bei den Performances von ihnen live gespielt wird. So entsteht eine Sprache, die sich nicht über Worte, sondern über das Zusammenspiel von Bild, Bewegung und Klang vermittelt.
Die Installation im Portikus beinhaltet darüber hinaus eine überdimensionale Zeichnung, die in die Decke des Raums eingespannt ist. Hier erkennt man Skizzen für Abläufe der Performances, Bewegungsmuster für die Akteure sowie Linien für die Aufteilung der Gruppen. Um zu verdeutlichen, dass der Prozess, also auch Zeichnungen und Dokumente, welche die Entwicklung von Imhofs Arbeiten beschreiben, im komplexen Konstrukt des Werks Bedeutung hat, zeigt der Portikus im Obergeschoss eine Auswahl an ihren Zeichnungen.
Anne Imhof wurde 1978 in Gießen geboren und lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Sie ist Absolventin der Städelschule und wurde 2012 mit dem Absolventenpreis ausgezeichnet. 2013 ist sie Stipendiatin der Hessischen Kulturstiftung.
Die Ausstellung wird gefördert durch die Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main.
Die Ausstellung von Anne Imhof ist Teil einer Ausstellungsreihe, die in Zusammenarbeit zwischen der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main, der Städelschule und dem Portikus besteht. Im Rahmen der Ausstellungsreihe wird einmal im Jahr eine für den Portikus geschaffene Ausstellung eines ehemaligen Studenten der Städelschule gezeigt, der seine künstlerische Karriere nach seinem Abschluss in Frankfurt erfolgreich vorangetrieben hat und nun national oder international ausstellt. Durch die Ausstellung im Portikus kann der jeweilige Künstler sein Werk der Frankfurter Öffentlichkeit präsentieren, womit die Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main auf den Beitrag Frankfurts zur Gegenwartskunst aufmerksam machen und den künstlerischen Nachwuchs aus Frankfurt fördern möchte.
Die 2005 gegründete Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main ist in den drei Themenfeldern Bildung, Wissenschaft und Technik; Kunst, Kultur und Bewahrung des kulturellen Erbes sowie Soziales, Karitatives und Humanitäres operativ und fördernd tätig. Die Stiftung möchte dazu beitragen, dass sich Frankfurt zu einem Modell für eine moderne, bürgernahe Stadtgesellschaft entwickelt.