08.05.–13.06.2004

Curated by Wolfgang Tillmans

Der Portikus hat den Künstler und Städelschulprofessor Wolfgang Tillmans (*1968) eingeladen, eine Ausstellung zu kuratieren. Tillmans ist bei seiner Auswahl weniger von einem übergeordneten Thema ausgegangen als vielmehr von der subjektiven Idee, verschiedene Künstler vorzustellen, deren Arbeit er selbst seit mehreren Jahren verfolgt, die aber in Deutschland bislang wenig oder gar nicht zu sehen waren. Mit Inventory, Scott King und Donald Urquhart präsentiert Tillmans drei künstlerische Posi-tionen aus London, die keinesfalls dem landläufigen Label "Young British Art" zuzuordnen sind, sondern gerade in ihrer Unterschiedlichkeit eine ganz andere Londoner Szene repräsentieren.

Die Künstlergruppe Inventory wurde 1995 gegründet und versteht sich selbst als ein kooperatives Unternehmen, das im Sinne einer "scharfen Soziologie" einen interdisziplinären Freiraum besetzt, aus welchem heraus auf praktischer und theoretischer Ebene gesellschaftliche und politische Phänomene hinterfragt werden. Unter anderem wurden von Inventory bislang 13 Ausgaben eines eigenen Maga-zins herausgegeben. Im Portikus werden drei Videoarbeiten von Inventory präsentiert. "Coagulum" ist die Dokumentation von zwei Aktionen in Londoner Einkaufszentren, in welchen sich eine Menschen-gruppe im Sinne des medizinischen Begriffs des Koagulum (ein Gerinsel ohne jegliche Funktion) zu einem großen Knäuel zusammenschließt. "Ostalgie" ist der Film über einen alten Mann, der in Dresden mit viel Hingabe und Ausdauer seinen Trabant reinigt. Und "Sleepwalkers" ist eine Studie über das ,Americana'-Festival in Newark, Nottinghamshire, die die ,besondere Beziehung' zwischen Groß-britannien und den Vereinigten Staaten untersucht.

Scott King (*1969) verschmelzt in seinen Arbeiten die Rhetorik von politischer Propaganda mit Refe-renzen aus der Pop- und Medienwelt und schafft so einen sogleich subversiven wie humorvollen Kom-mentar zur heutigen Kultur und Gesellschaft. Zunehmend verwendet King Zeichen, Symbole und Wort-laut öffentlicher Sprache, um damit gerade besonders persönliche Selbstportraits zu schaffen. Für die Zeitschriften "i-D" und "Sleazenation" hat King mehrere Jahre als Art Director bzw. Creative Director gearbeitet. Er hat unter anderem Plattencover für Earl Brutus, Pet Shop Boys, Suicide oder Morrissey entworfen und im Eigenverlag Publikationen unter dem Namen "Crash" herausgegeben; eine Aktivität, die 1999 in der von Scott King kuratierten, gleichnamigen Ausstellung im Londoner ICA gipfelte.

Donald Urquharts (*1963) Zeichnungen sind skurril anmutende Verbindungen unterschiedlicher Ikonographien und verschiedenster literarischer Motive. Gleichermaßen finden Comicvorlagen, mittelalterliche oder viktorianische Kostüme, Mary Poppins, Quasimodo, Country und Western Elemente, Darstellungen homosexueller Erotik, Tier- und Pflanzenbilder und Fetisch-Cartoonfiguren Einzug in Urquharts Bilder. Werktitel wie "Demented Nancy", "Dial Q for Quasi" oder "Country Diary for Edwardian Cripple" sind Ausdruck eines sehr eigenen schwarzen Humors. Im vergangen Jahr wurden Urquharts Zeichnungen erstmals in einem Galeriekontext präsentiert. Seit den frühen Neunziger Jahren jedoch hat er diese Arbeiten als Fotokopien je nach Veranstaltungsmotiv zur Gestaltung des von ihm selbst betriebenen Londoner Clubs "The Beautiful Bend" verwand. Urquhart schreibt und publiziert außerdem Erzählungen und Theaterstücke.

Die Ausstellung wird unterstützt von British Council