02.02.–10.03.2002

Philippe Parreno (*1964) ist in der Vergangenheit durch zahlreiche Zusammenarbeiten mit befreundeten KünstlerInnen wie Dominique Gonzalez-Foerster, Pierre Huyghe, Rirkrit Tiravanija, Carsten Höller oder Inez van Lamsweerde, mit Architekten wie Francois Roche oder Designern wie M/M in Erscheinung getreten. In seinen Arbeiten sucht er stets nach Wegen, die ein Überdenken der gängigen Modelle von Ausstellung, Autorschaft und Narration evozieren.

Für seine Installation im Portikus greift Philippe Parreno das Prinzip der Zusammenarbeit in neuer Weise wieder auf. Unter dem Titel "El Sueño de Una Cosa" inszeniert der Künstler die Sequenz einer fiktiven Robert Rauschenberg Retrospektive. Gezeigt wird eine Gruppe großformatiger, weiß-monochromer Malereien von Rauschenberg aus dem Jahre 1951. Rauschenberg selbst hatte diese Bilder als "Notlage" bezeichnet, als "Nichtkunst, da sie den Betrachter an einen Ort in der Malerei führen, an dem die Kunst noch nicht gewesen sei" (Brief an Betty Parson). Es sei dem Betrachter vollkommen überlassen, in den weißen Leinwänden etwas zu lesen oder aber auch auf sie zu projizieren. Und John Cage, der unter anderem durch diese Bilder zur Komposition seines berühmten Stückes 4'3" inspiriert wurde, beschrieb sie als "Flughäfen für Licht, Schatten und Teilchen".

Philippe Parreno knüpft in seiner Installation sehr direkt an diesen Aussagen an. Er präsentiert die Gemälde in einer klassischen Ausstellungssituation, dann aber verdunkelt sich der Raum, und es beginnt die Projektion eines Filmes von Parreno auf den Bildern Rauschenbergs. Der 1-minutige Film wurde auf einer norwegischen Insel am Nordpol gedreht, und die zeitlosen Landschaftsaufnahmen sind mit dem Beginn von Edgar Vareses Komposition "Desert" von 1954 unterlegt. Während die Musik und die Aufnahmen eine erzählerische Dramatik nur andeuten, erhält der Film erst durch seine Kontextualisierung, als Unterbrechung einer institutionellen Ausstellung, und durch die Bedeutungskonstruktion der BetrachterInnen seine narrativen Qualitäten. Durch das Überblenden der weißen Monochrome mit einer fernen Traumlandschaft in fahler Mitternachtssonne erfährt Rauschenbergs "Notlage" eine ironisch-poetische Überwindung. Parreno interessiert der Film also weniger als Ergebnis, sondern als erzählerisches Instrumentarium, das je nach Präsentationsform neue narrative Zusammenhänge offenlegt. Darüber hinaus werden in der temporären Ablösung des Ausstellungsraumes durch ein Kino auch die Institutionen des White Cubes beziehungsweise der kinematographischen Black Box in ihrer Neutralität in Frage gestellt.

Die Ausstellung wird unterstützt durch die AFAA - Bureau des Arts Plastiques in Deutschland / Französische Botschaft und Ritter Sport